Ärgerst du dich darüber, dass 9 von 10 Fotos nichts geworden sind, weil sie unscharf sind oder viel zu hell oder viel zu dunkel und weil du nicht weißt, wie du das beeinflussen kannst? Fotografierst du lieber im Automatikmodus, auch wenn die Bilder oft nicht gut aussehen, weil du den manuellen Modus so verwirrend findest?
In diesem Artikel erfährst du die Basics zum Thema ISO-Zahl, Blende und Belichtungsdauer und wie diese drei Dinge zusammenspielen. :) Und weil trockene Theorie meistens zum einen Ohr reingeht und zum anderen wieder raus, gibt es in diesem Beitrag viele Beispielfotos und vor allem auch konkrete Übungen, die du gleich umsetzen kannst.
Bist du startklar?
Leg deine Kamera am besten gleich neben dich, ehe du weiterliest. Was für eine Kamera du hast, spielt hier keine Rolle – eine Spiegelreflex kannst du ebensogut nehmen wie auch eine normale Kompaktkamera.
Für die Beispielfotos habe ich die kleine Canon PowerShot SX120IS verwendet sowie als Spiegelreflex die Canon 5D Mk III.
Als erstes stellst du den Aufnahmemodus auf Manuell. Hier übernimmt die Kamera-Automatik gar nichts für dich, du musst alles selbst einstellen. Aber keine Angst – dieses Tutorial führt dich Schritt für Schritt weiter. Und denk immer dran: Digitalfotos kosten nichts, also hab keine Scheu, das gleiche Motiv ruhig zehnmal zu fotografieren, bis alles stimmt. Übung macht den Meister. :)
Im Folgenden beschäftigen wir uns mit den drei Komponenten ISO-Zahl, Blende und Belichtungsdauer.
Auf deiner Kamera findest du die Werte hier:
Was ist was? – ISO
Die ISO-Zahl gibt Auskunft darüber, wie lichtempfindlich der Sensor eingestellt ist. Je höher die ISO-Zahl, desto heller wird das Bild – allerdings nimmt damit auch die Bildqualität ab und das Bild verrauscht / wird pixelig. Die untere Grenze der ISO-Empfindlichkeit liegt meistens bei 80 oder 100, nach oben gehen die meisten Kameras bis etwa 1600. Ob das Bild dabei aber noch zu gebrauchen ist, steht auf einem anderen Blatt. ;)
Profi-Kameras bieten einen größeren ISO-Spielraum und liefern auch bei hohen Werten noch gute Bilder ab.
Wähle die ISO-Zahl möglichst niedrig, je nachdem wie es die Situation zulässt.
Übung 1:
Suche dir ein Objekt in deiner Umgebung, was nicht in der prallen Sonne steht (wir wollen hier ja mit den ISO-Werten herumexperimentieren, also darf es ruhig etwas dunkler sein). Stelle zuerst die niedrigste ISO-Zahl ein, die deine Kamera bietet, und gehe dann Schritt für Schritt höher. Zoome in die Fotos rein, um beurteilen zu können, bis zu welchem ISO-Wert deine Kamera noch annehmbare Fotos liefert, und behalte diese Grenze immer im Hinterkopf.
Es ist schließlich ziemlich ärgerlich, wenn man etwa in einer Cocktailbar viele Fotos von sich und seinen Lieben macht, die auf dem Display noch ganz gut aussehen, und später am Rechner merkt man dann, dass es nur eine einzige Pixelmatsche geworden ist.
Hier habe ich mit der Kompaktkamera verschiedene ISO-Werte durchgetestet:
Was ist was? – Belichtungsdauer
Unter der Belichtungszeit versteht man die Zeitspanne, während der Licht auf den Sensor fällt und somit das Bild aufnimmt. Je länger du belichtest, desto mehr Licht gelangt auf den Sensor und desto heller wird das Bild.
Die Belichtungsdauer wird in Sekundenbruchteilen angegeben: 1/125s steht also für den 125. Teil einer Sekunde.
Zwei Faktoren limitieren dich beim Belichten:
- Aus der Hand kann man in der Regel nicht länger als 1/100 Sekunde ruhig halten, ohne das Bild zu verwackeln. Für längere Belichtungszeiten empfiehlt sich ein Stativ.
- Um eine scharfe Aufnahme von sich bewegenden Motiven zu erzielen, muss die Belichtungszeit möglichst kurz ausfallen – je schneller das Objekt, desto kürzer die Belichtungsdauer. Bei einem Fußballspiel ist man zum Beispiel mit einer Belichtungszeit von 1/600s gut beraten.
Belichte möglichst lange, je nachdem wie es die Situation zulässt.
Bei diesen Fotos habe ich eine 1/400s lang belichtet, um Nala in der Flugphase zu erwischen (yay, ich habe einen Flughund! :D ) :
Übung 2:
Hast du ein Haustier oder einen Mitbewohner, den du in Bewegung fotografieren kannst? – Prima. :) Ansonsten bieten sich auch vom Wind bewegte Blätter und Blüten an.
Stell erst einmal eine Belichtungszeit von 1/125s ein und finde die passende ISO-Zahl heraus. Wie gesagt, Testfotos kosten nichts. ;)
Dann fotografiere dein Motiv – höchstwahrscheinlich ist das Foto jetzt verwackelt. Nimm also stufenweise eine kürzere Belichtungsdauer, bis das Motiv scharf abgebildet wird. Weil durch eine kürzere Belichtungszeit weniger Licht auf den Sensor fällt, wird das Bild logischerweise dunkler. Dem musst du also durch mehr ISO und / oder eine weiter geöffnete Blende entgegensteuern – dazu kommen wir im nächsten Abschnitt. :)
Man kann beim Belichten übrigens viel herumspielen, indem man etwa die Kamera mitzieht – dadurch entstehen dann diese „Schlieren“ auf einem Teil des Objekts, durch die es sehr dynamisch wirkt. Das fällt aber in die Kategorie Fortgeschritten. ;)
Was ist was? – Blende
Die Blendenzahl gibt an, wie groß die Öffnung im Objektiv ist, durch die das Licht auf den Sensor fällt. Je größer diese Öffnung ist, desto mehr Licht kann einfallen und desto heller wird das Bild. Vorsicht: je größer die Blendenöffnung, desto kleiner die Blendenzahl.
Bei Kompaktkamers ist die kleinste Blendenzahl oft f/2.8, abblenden kann man hier bis etwa f/8.0.
Bei Spiegelreflexkameras hängt die Lichtstärke des Objektivs oft von der Portokasse des Fotografen ab. ;) Mit dem Canon 50mm f/1.8 gibt es allerdings ein durchaus erschwingliches, lichtstarkes Objektiv für rund 100 Euro (fragt mich nicht nach Nikon, Sony und Co. … ich spiele nur im Team Canon ^^ ).
Kleiner Exkurs zum Thema Lichtstärke von Objektiven:
Bei Festbrennweiten, also Objektiven ohne Zoomfunktion, lautet die Bezeichnung etwa „50mm f/1.8“ – das heißt, es handelt sich um eine Brennweite von 50mm (grob gesagt also weder Weitwinkel, noch Tele – etwas in der Mitte ;) ) mit einer maximalen Lichtstärke von f/1.8.
Bei Zoomobjektiven sieht die Angabe dann oft aber so aus:
Wir haben hier also einen Zoombereich von 6 – 60mm mit einer maximal offenen Blende von f/2.8 bis f/4.3. Das bedeutet, wenn du ganz herauszoomst (6mm) hast du eine maximale Blendenöffnung von f/2.8, aber wenn du ganz heranzoomst (60mm) und das Objektiv somit ausgefahren wird, technisch bedingt nur noch f/4.3.
Für Spiegelreflexkameras gibt es Objektive mit einer sogenannten Innenfokussierung, wo das Objektiv beim Zoomen nicht ausgefahren wird und die Lichtstärke konstant bleibt. Das ist etwa beim Sigma 70-200 f/2.8 der Fall – ein Zoombereich von 70mm bis 200mm, dabei immer f/2.8.
Wenn du mit Offenblende fotografierst, also den kleinstmöglichen Wert eingestellt hast, kannst du mit einem wichtigen Stilmittel arbeiten: dem Verlauf von Schärfe und Unschärfe. Das Objekt, auf das du fokussierst, wird dann ganz scharf abgebildet und der Rest wie der Hintergrund nur unscharf. Für Portraits ist das beispielsweise eine sehr beliebte Technik.
Bei diesem beiden Bildern habe ich links auf das Monsterchen scharfgestellt und rechts auf die Muschel:
In hellen Aufnahmesituationen, etwa draußen an einem sonnigen Tag, hast du zwei Möglichkeiten, damit deine Bilder nicht überbelichtet werden:
- du belichtest sehr kurz
- du blendest ab
Ich persönlich mag in vielen Fällen den Schärfe-Unschärfeverlauf, sodass ich meist mit Offenblende und entsprechend kurzen Verschlusszeiten arbeite. Das hängt aber ein bisschen vom Motiv ab und natürlich auch von deinem persönlichen Geschmack. :)
Die Blendenöffnung beeinflusst die Helligkeit und den Schärfenverlauf deines Fotos.
Übung 3:
Such dir ein Motiv in deiner Umgebung, das sich nicht bewegt und das nicht vollkommen im Schatten liegt.
Stelle folgende Werte ein:
- ISO 100
- Belichtungsdauer: 1/125s
- Blende: f/2.8 (oder den kleinsten Wert, den deine Kamera / dein Objektiv zulässt)
Fotografiere dein Motiv jetzt und guck dir das Ergebnis an. Höchstwahrscheinlich ist das Bild entweder zu dunkel oder zu hell. Ist es zu dunkel, erhöhst du bei den nächsten Aufnahmen schrittweise die ISO-Zahl. Falls dein Bild zu hell ist, blendest du jetzt Foto für Foto eine Stufe ab. So merkst du genau, welche Änderung sich wie bemerkbar macht. Das machst du solange, bis dir das Foto gefällt. :)
Hierbei kannst du auch mit der Tiefenschärfe herumexperimentieren: sofern deine Kamera zulässt, dass du den Fokuspunkt ( = die Stelle, auf die scharfgestellt wird) selber setzt, kannst du gezielt mal auf etwas im Vordergrund fokussieren und mal auf den Hintergrund. Bei Offenblende merkst du hier einen deutlich unterschiedlichen Schärfeverlauf. Je weiter du abblendest, desto schärfer wird der Hintergrund dargestellt, auch wenn du auf etwas im Vordergrund fokussierst.
Mit dieser Technik kannst du spannende Effekte erzielen. Denn oft wirkt ein Bild viel ansprechender und spannender, wenn du durch den Schärfeverlauf das Auge des Betrachters lenkst und beispielsweise der Hintergrund bei einem Porträt in Unschärfe verschwimmt.
Fazit
Ich hoffe, du hast jetzt einen Einblick darin bekommen, wie die drei Komponenten ISO, Belichtungszeit und Blendenöffnung zusammenspielen. Letztlich geht es bei allen Aufnahmesituationen darum, den bestmöglichen Kompromiss zwischen diesen drei Faktoren zu finden.Viel Spaß beim Ausprobieren mit deiner Kamera! :)
Tolles Tutorial, so eins hätte ich damals gebraucht als ich mit der Fotografie angefangen habe. :D
Weiter so, ich liebe deine Tutorial-Reihe
Danke – es freut mich, dass die Tutorials so gut ankommen! :-)
Nicht schlecht. Ich habe das zwar eigentlich in der Schule „gelernt“, also zumindest ein paar Basics, aber irgendwie auch wieder vergessen. Zu theoretisch alles. xD
Habe aber gerade meine alte Canon PowerShot wieder rausgekramt und mal rumgestellt. Bei der war das mit der Blende besser ersichtlich. Bei meiner kleinen Canon Ixus 80 bin ich etwas überfordert. Da gibt es die Belichtungszeiteinstellungen (von 0 zu -2 und zu +2) und die Langzeitbelichtungseinstellungen… ääääh? Muss ich wohl noch etwas rumprobieren. xD
Ich mag vorallem den Effekt mit dem unscharfen Hintergrund. Mal gucken, ob ich das irgendwie hinbekomme ohne DSLR…
Cool, Fotografie in der Schule? Habt ihr das im Kunstunterricht durchgenommen, oder wo?
Viel Erfolg beim Ausprobieren. :)
Schule war doof ausgedrückt. Berufsschule. Als Mediengestalterin bekommt man zumindest die Basics vermittelt, bzw. es wurde uns als Prüfungsthema prophezeit, weswegen wir das hauptsächlich durch genommen haben. Aber alles sehr theoretisch… Und laaaangweilig.
Ah, okay… hmm, ich hab ja nach dem Abi auch ein Jahr lang eine Ausbildung zur Mediengestalterin gemacht (das war da so geregelt, dass man ein Jahr lang nur Schule hatte, dann anderthalb Jahre Praktikum und nochmal ein halbes Jahr Schule); da hatten wir Fotografie nicht als Thema. Lag vermutlich an der Ausrichtung (Digital und Print mit Schwerpunkt Print).
Also ich schimpfe mich auch Mediengestalterin für Digital- und Printmedien, Fachrichtung Gestaltung und Technik, Schwerpunkt Printmedien
Aber liegt ja auch am Bundesland und an der Schule, was man lernt.
Und meine Ausbildung war die ganzen 3 Jahre mit Arbeiten im Betrieb. :) Irgendwie immer unterschiedlich.
Wow,
ich hab schon so ein paar Tutorials zum Thema Fotografie gelesen, aber ich muss sagen, deines erklärt das meiner Meinung nach am besten. Wenn ich nicht im Moment bewegungseingeschränkt wäre würde ich das Tutorial gleich mal durchgehen. Es klingt bei dir sehr simpel und gut durchdacht. Einfach so, dass man es verstehen muss. Mach weiter so!
Dankeschön! :-)
Wüsste ich´s nicht schon, hätte ich´s nun verstanden.
Wow, danke danke danke! Hab erst seit kurzem eine Spiegelreflexkamera und bin noch sehr orientierungslos :D Das werde ich mir morgen nochmal in Ruhe durchlesen! :)
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Liebe Anne,
auch wenn ich schon seit über 2 Jahren fast ausschließlich manuell fotografiere (ganz selten mal in Automatik wenn ich keine Zeit habe Lichttests zu machen..) ist es interessant, so ein ausführliches und gut beschriebenes Tutorial zu lesen.
Eine Frage hab ich jedoch noch, bei der ich mir immer unsicher bin: Wenn du fotografierst, was stellst du zuerst als „Richtwert“ ein, um dich mit den anderen Werten daran zu orientieren? Ich z.B. fange immer mit der Blende an, weil ich meist eine Vorstellung davon habe, wie unscharf der Hintergrund sein soll (bei Portraits z.B. natürlich sehr unscharf, bei Gruppenbildern mit mehreren Reihen eben nicht so..) und richte danach die Belichtungszeit aus. Danach kommt der ISO-Wert. Oder wie machst du es? :)
Liebe Grüße!
Vivien
Hallo Vivien,
genau, bei unbewegten Motiven hat die Blende bei mir auch Priorität, weil ich das Spiel mit dem Schärfeverlauf mag. Die Belichtungszeit ist mir nur bei sich bewegenden Objekten wichtig.
Tolles Tutorial und für jeden leicht verständlich geschrieben. Respekt!
Hätte ich zu Beginn meines Hobby gut gebrauchen können.
Lg,
Thomas
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Hallo Anne! Vielen Dank für diese tolle Seite und die wunderbaren Tipps und Tricks! LG Katharina
liebe Anne
alles was ich von dir bis jetzt gelessen habe sehr sehr gut rüber gebracht -einfach und verständlich . selbst ich als anfängerin verstehe ich dass soooo gut.!!!!
vielen dank. du bist toll
lg mara
Hallo Mara,
es freut mich, wenn ich dir mit meinen Anleitungen weiterhelfen kann – ich wünsche dir ganz viel Spaß beim Fotografieren! :)
Liebe Grüße
Anne
Danke, danke, danke für diese super Erklärung und die Beispiele! Ich werde gleich nächstes Wochenende lostraben und ausprobieren – selbst für einen totalen Anfänger toll und verständlich erklärt. Mit den passenden Beispielen weiß man gleich, was man da gerade macht, welche Abhängigkeiten bestehen und wie man ggfs. korrigieren kann – einfach toll! DANKE 😁👍
Hallo Steffi,
klase, dass ich dir weiterhelfen konnte!
Ich wünsche dir viele schöne Fotos und ganz viel Spaß beim Ausprobieren.:)
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