
Die Kamera des iPhone 12 Pro* will (mal wieder) völlig neue Maßstäbe in Sachen Qualität setzen. Vor allem bei schlechten Lichtverhältnissen verspricht Apple hervorragende Aufnahmen. Neben der Hardware soll dabei auch die Software dank künstlicher Intelligenz zu perfekten Fotos verhelfen – ganz automatisch.
Was ist dran? Kann mich die iPhone 12 Pro-Kamera überzeugen? – Ich hab sie getestet und erzähle dir hier, was die Kamera so kann und zeige dir, welche Fotos damit bei mir bisher entstanden sind.
Dieser Beitrag enthält – wie das bei Produkttests nun mal so ist – Werbung durch Markennennung, allerdings unbeauftragt und unbezahlt. Ich habe das iPhone selber gekauft. Bei den mit * gekennzeichneten Links handelt es sich um Affiliate-Links.

Eine Kamera? Nein, vier!
Mit ganzen vier Kameras bzw. Objektiven ist das iPhone 12 Pro bestückt, ebenso wie schon sein Vorgänger iPhone 11 Pro:
- eine Frontkamera für Selfies
- eine Dreifachkamera auf der Rückseite:
- ein „normales“ Weitwinkelobjektiv
- ein Ultraweitwinkel
- ein Teleobjektiv
Alle Kameras liefern ordentliche 12 Megapixel. Die Fotos haben dabei eine Größe von 4032 x 3024 Pixeln. Damit sehen sie nicht nur am Bildschirm prima aus, das reicht auch zum Drucken in guter Qualität.
Anders als bei einem normalen Zoomobjektiv kannst du beim iPhone nicht stufenlos zoomen, es ist ein „harter“ Wechsel von einem Objektiv zum anderen. Also so, als würdest du auf deine Spiegelreflex oder Systemkamera jeweils ein anderes Objektiv draufschrauben.
Im Zweifelsfall musst du also per pedes näher ans Motiv ran oder davon weg.
Jemand fragte mich dieser Tage übrigens, wofür man denn das Teleobjektiv bräuchte. Man könne doch auch bei normalen Handyfotos einfach über die Finger reinzoomen und ein Objekt so näher heranholen? – Der Unterschied liegt in der Qualität. Wenn du über die Finger reinzoomst, ist das nur digital. Da wird dann ein Bildausschnitt größer gerechnet. Das geht zu Lasten der Bildqualität, denn das Bild wird matschig. Bei einem Teleobjektiv passiert das nicht.

Die Frontkamera
Was wäre ein Smartphone ohne Selfie-Kamera… 😀
Mit einer maximalen Offenblende von f/1.4 ist die Linse super lichtstark und verhilft dir auch bei düsterem Licht zu richtig guten Selbstportraits. Dafür hat das iPhone 12 Pro auch sechs schicke Effekte an Bord – dazu unten mehr im Abschnitt Porträtmodus.
Das Weitwinkelobjektiv
… ist die „normale“ Kamera mit 26mm Brennweite. Das entspricht ungefähr dem Sichtfeld des menschlichen Auges. Du fotografierst hier also so ziemlich genau das, was du auch siehst.
Dank Blende f/1.6 ist das Weitwinkel ebenfalls schön lichtstark.

Das Ultraweitwinkelobjektiv
Für Landschaftsaufnahmen, Gruppenfotos oder Bilder von Innenräumen bietet sich das Ultraweitwinkel an. Hier passt dank 13mm bzw. 120° Sichtfeld einfach mehr aufs Bild.
Mit Blende f/2.4 ist es weniger lichtstark als die anderen beiden Objektive. Bei Landschaftsfotos ist das aber kein Problem – hier geht es ja mehr um Schärfe im gesamten Bereich, für die du normalerweise eh ein paar Stufen abblendest.

Das Teleobjektiv
Na gut – das ist wirklich nur ein bisschen Tele. 😉 Mit 65mm kommst du nicht gerade viel näher ans Objekt heran – zum Vergleich: mein Teleobjektiv für die Spiegelreflex geht erst bei 70mm los und reicht bis 200mm. Das ist schon ein Unterschied.
Immerhin holt die Telelinse am iPhone 12 Pro die Dinge 2,5x näher heran als die Weitwinkelkamera. Irgendwo setzt dann halt auch die Physik so ihre Grenzen… ein wirkliches Teleobjektiv ist nun mal ziemlich lang. Und aus dem „Kamerabuckel“ hinten am Smartphone soll ja schließlich kein Rohr herausragen. 😀
Das Tele kommt auf eine starke Blende f/2.0.

Alle Kameras des iPhone 12 Pro im Vergleich
Megapixel | max. Blendenöffnung | Brennweite | |
---|---|---|---|
Weitwinkel | 12 | f/1.6 | 26mm |
Ultraweitwinkel | 12 | f/2.4 | 13mm |
Tele | 12 | f/2.0 | 65mm |
Alles automatisch?!
Mit einem Smartphone fotografiere ich anders als mit einer „richtigen“ Kamera.
Denn während ich es bei meiner Spiegelreflex sehr schätze, durch die diversen Knöpfe und Rädchen ganz gezielt Einfluss auf Blende, Belichtung, ISO & Co. zu nehmen, will ich mich beim Handy damit gar nicht aufhalten. Das soll einfach auf Knopfdruck perfekte Fotos liefern. Demzufolge will ich mich auch nicht lange durch verschiedene Einstellungen klicken müssen.
Das iPhone macht das verdammt gut! Tatsächlich ist es sogar darauf ausgelegt, dem Fotografen all diese Entscheidungen abzunehmen.
Das kann man doof finden, weil dadurch Hinz & Kunz theoretisch genauso gute Bilder hinbekommen wie ein professioneller Fotograf. Oder man erfreut sich einfach an der genialen Technologie und hat Spaß beim Knipsen. 🙃

Aufnahmemodi und Menüführung
Drei Modi stehen zur Verfügung:
- Foto – der normale Modus
- Porträt für, nun ja, Porträtaufnahmen. Hierzu komme ich weiter unten noch.
- Pano für Panorama-Aufnahmen. Dabei drehst du dich mit dem iPhone in der Hand um 360° und erhältst ein laaaaaanges Bild.
Die Oberfläche präsentiert sich sehr übersichtlich. Am unteren Bildrand kannst du über die Anzeige ,5 – 1 – 2 zwischen den drei Kameras umschalten. Das funktioniert einfach und reibungslos.

Der Pfeil oben in der Mitte blendet zusätzliche Einstellungsmöglichkeiten ein, mit denen du mehr Einfluss auf dein Bild nehmen kannst:
- Blitz (auto, ein, aus)
- Bei wenig Licht: die Belichtungsdauer im Nachtmodus (auto, aus oder bis zu 29 Sekunden)
- Live, also ob auch vor und nach dem Auslösen noch 1,5 Sekunden lang ein Minivideo aufgenommen werden soll (auto, ein, aus)
- Bildformat: 4:3, quadratisch (perfekt für Instagram!), 16:9
- Belichtung – heller oder dunkler
- Timer für die Auslöseverzögerung, wahlweise 3 Sekunden oder 10 Sekunden
- Filter – hier kannst du einstellen, ob das Bild etwa in schwarz-weiß aufgenommen werden soll

Der Autofokus arbeitet übrigens so flott, dass sogar Aufnahmen aus einem fahrenden Auto kein Problem darstellen – saubere Scheiben vorausgesetzt. 😀 Dieser Schnappschuss ist bei rund 70km/h entstanden (natürlich vom Beifahrersitz aus):

Der Porträtmodus
Im Porträtmodus kannst du zudem die Blende kontrollieren. Wie bei normalen Kameras gilt: je kleiner die Zahl, desto größer die Blende – und desto unschärfer der Hintergrund. Dieser Bokeh-Effekt ist ja für Portraits zu Recht sehr beliebt.
Auch wenn du im Porträtmodus auf Automatik fotografierst, zaubert dir das iPhone ein Bokeh in den Hintergrund.
Zudem stehen 6 Effektfilter zur Auswahl: Natürlich, Studio, Kontur, Bühne, Bühne Mono, High‑Key Mono. Die beiden Mono-Filter erstellen dabei Schwarzweiß-Aufnahmen.
Ein super praktisches Feature bringt die Option High Key-Mono mit: der Hintergrund wird weiß, die fotografierte Person also freigestellt. Das klappt auch mit der Frontkamera für Selfies und macht richtig Spaß!
Dieses Selfie ist auf die Schnelle entstanden, während ich an dem Artikel hier tippte. Im Zimmer war es dabei dunkel, nur der Monitor leuchtete sowie eine recht funzelige Schreibtischlampe.

Deep Fusion & Smart HDR 3: jedes Foto ist ein HDR
In allen vier Kameras kommen die sogenannte Deep Fusion-Engine sowie das Smart HDR 3-Feature zum Einsatz. Dabei wird bei einer Aufnahme unter der Haube tatsächlich eine ganze Belichtungsreihe aus 9 Fotos erstellt.
Kleiner Exkurs: bei einer Belichtungsreihe sind auf dem dunkelsten Foto die hellen Bereiche hervorragend zu erkennen, die Schatten aber viel zu dunkel – wie Sie sehen, sehen Sie nichts. Auf dem hellsten Foto hingegen erkennst du in den Schatten alle Details, die hellsten Stellen sind aber gnadenlos überbelichtet.
Das iPhone fügt diese 9 Bilder zu einem einzigen Foto zusammen und nutzt dabei wie bei einer HDR-Aufnahme alle Detailinformationen – dadurch sind sowohl die hellen, als auch die dunklen Bereiche jeweils perfekt zu erkennen. Das kommt dem menschlichen Auge ziemlich nah, das sich ja auch in Sekundenbruchteilen auf verschiedene Lichtverhältnisse einstellt.
Das iPhone geht dann sogar noch einen Schritt weiter: jeder Pixel wird hinsichtlich Schärfe, Farbgebung und Belichtung untersucht. Sogar unterschiedliche Strukturen wie Haut, Tierfell oder Himmel werden unterschieden und jeweils differenziert bearbeitet. Am Ende wählt die Software dann für jede Stelle den jeweils besten Pixel aus und setzt das finale Foto dadurch wie ein gigantisches Puzzle zusammen.
Dadurch sollen die Bilder detailreicher und realitätsgetreuer werden.
De facto wird jedes Bild also ein HDR. Diese Funktion lässt sich nicht abschalten… und wie das bei HDR so ist: manchmal ist es einfach zu viel des Guten, die Bilder wirken mitunter schon arg künstlich. Das ist die Kehrseite der Medaille.
Bei der Aufnahme von Rufus auf der Weide finde ich es schon grenzwertig, wie scharf und fast schon „grisselig“ die Grashalme sind:

Ziemlich ins Klo gegriffen hat die Automatik dann im Wald – hier sind die Kontraste gerade im Bereich des Laubs viel zu groß. Das Bild wirkt überschärft und unnatürlich.

Der Nachtmodus – lange Belichtung ohne Verwackeln
Für die Frontkamera, das Weitwinkel- und das Ultraweitwinkelobjektiv gibt es einen Nachtmodus. Der soll ohne Blitz stimmungsvolle Selfies und Fotos ermöglichen, auf denen man mehr erkennt als wildes Pixelrauschen. 🙂
Der Nachtmodus ist tatsächlich erstaunlich gut. Als mir angezeigt wurde, dass da jetzt 5 Sekunden lang belichtet wird, dachte ich mir erst: is‘ klar, das muss ja verwackeln. Schließlich hielt ich das iPhone einfach in der Hand und benutzte kein Stativ.
Aber, surprise surprise: die Aufnahme wurde gestochen scharf. Das Geheimnis ist: das iPhone nutzt seine Bewegungssensoren, um die Verwackler der Hand zu messen und herauszurechnen. Das ist echt irre!
Spannend ist beim Nachtmodus natürlich, wie die Automatik mit verschieden hellen Bereichen umgeht. Dazu habe ich mich nachts bei uns auf die Straße gestellt: vor der Haustür und an der Garage waren unsere Bewegungsmelder an, im Hintergrund ist das Fachwerkhaus unserer Nachbarn erleuchtet und vor mir auf dem Boden stand meine Taschenlampe und strahlte die Büsche vor mir an.
Voilà:

Das ist schon ziemlich beeindruckend. Sogar einige Sterne sind zu erkennen!
Ein bisschen zu verrauscht und am Himmel zu hell war mir das Bild allerdings. Mit ein paar Griffen lässt sich das aber problemlos in Lightroom anpassen:

Das macht schon wirklich Spaß. Ich freue mich schon auf die Zeit nach Corona, wenn man mal wieder weggehen und nachts spannendere Dinge fotografieren kann als unser Dorf im Halbdunkeln. 😉
Fotografieren im RAW-Modus dank Apple ProRAW
Bald soll das iPhone auch Rohdaten liefern – das ist super, wenn du die Bilder etwa in Lightroom oder Luminar bearbeiten möchtest.
Aktuell ist dieses neue Format namens Apple ProRAW allerdings noch nicht verfügbar. Es soll noch dieses Jahr mit einem der nächsten Software-Updates nachgeliefert werden.
Ich bin gespannt!
Einfach noch ein paar Bilder…
… die in den letzten Tagen entstanden sind. Alle Fotos sind out of cam, also nicht nachbearbeitet. Ich habe nur den Bildausschnitt geändert, da das iPhone leider nicht das Format 2:3 anbietet, was ich hier im Blog aber verwende.
Wenn es in diesem Artikel nicht explizit um einen Kameratest ginge, würde ich sie aber teilweise noch nachbearbeiten, um sie etwa „knackiger“ werden zu lassen. Aber auch so können sich die iPhone-Bilder schon wirklich sehen lassen, finde ich:







Mein Fazit
Das Fotografieren mit dem iPhone 12 Pro macht richtig Spaß! Die Qualität der Fotos ist so gut, dass sie oft nicht von denen einer Spiegelreflex zu unterscheiden sind.
Nun ja – oft, aber nicht immer. Je nach Motiv fällt halt schon auf, dass beispielsweise der Schärfeverlauf künstlich berechnet wurde – und da passieren auch schon mal Fehler. Stellenweise übertreibt es die Künstliche Intelligenz zudem mit der Schärfe bzw. Detailliertheit eines Motivs. Und bisweilen entspricht das, was die Automatik aus einem Motiv macht, auch nicht unbedingt dem, was bzw. wie ich es abbilden wollte.
Nach wie vor möchte ich meine Spiegelreflexkamera deswegen nicht missen. Aber das iPhone 12 Pro ist eine großartige Ergänzung – gerade, weil es unterwegs immer mit dabei ist.
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Besonders spannend finde ich die Möglichkeiten im Bereich der Low Light-Fotografie, die das iPhone ohne Mitschleppen eines Stativs bietet.
Künftig werden hier im Blog sicherlich öfter Fotos auftauchen, bei denen du nicht sagen kannst, ob sie mit einer DSLR oder dem iPhone aufgenommen wurden. Ich freu mich schon darauf, welche Motive mir damit noch so vor die Linse kommen werden. 🙂